Schlafwandeln sind Aktivitäten, welche nachts aus dem NonREM-Schlaf Stadium 2 oder Tiefschlaf heraus ausgeführt werden. Die Betroffenen sind dabei nicht richtig wach, können aber automatisierte Handlungen durchführen. Die Personen sind jedoch nicht im vollen Besitz ihrer geistigen Fähigkeiten und erinnern sich i.d.R. nicht an die Aktivitäten. [1] [2] Im folgenden Artikel werden die Ursachen sowie Folgen und häufige Fragen zum Thema Schlafwandeln erläutert.

Ursachen von Schlafwandeln

Schlafwandeln (Somnambulismus) zählt nach dem ICD 10 zu den nichtorganische Schlafstörungen [3] und ist eng mit der Schlafstörung Pavor nocturnus verknüpft. Heute geht man davon aus, dass durch Weckreize nicht komplett erwacht wird. Das bedeutet Teile des Gehirns sind wach, andere schlafen noch, was auch die Erinnerungslücken erklärt. Am nächsten Morgen können sich Betroffene nämlich nicht an das Schlafwandeln und die dort ausgeführten Tätigkeiten erinnern. [1] Die Ursachen, wieso unser Gehirn zum teil aufwacht und es somit zum Schlafwandeln kommt können unterschiedlicher Natur sein. Häufig spielen mehrere Faktoren zusammen.

Körperliche und genetische Ursachen

Verschiedene Gehirnverletzungen wie beispielsweise eine Enzephalitis (Entzündung des Gehirns) können Schlafwandeln auslösen. [4] Außerdem können Krampfanfälle Schlafwandeln begünstigen. [5] Fieber, allen voran bei Kindern, kann ebenso als eine mögliche Ursache für Schlafwandeln angesehen werden.

Studien zeigen zudem eine genetische Veranlagung für das Schlafwandeln. 47% der Kinder innerhalb der Studie schlafwandelten, wenn ein Elternteil eine Vorgeschichte mit Schlafwandeln hatte, 61%, wenn beide Elternteile bereits betroffen waren oder sind. [6] Ca. 80% der Schlafwandler haben mindestens ein anderes betroffenen Familienmitglied. Verwandte ersten Grades, beispielsweise du und deine Eltern, haben eine zehnfach erhöhte Wahrscheinlichkeit Schlaf zu wandeln als Personen ohne Betroffene in der Familie ersten Grades. [7] Das legt nahe, dass Schlafwandeln zum Teil durch genetische Faktoren erklärt werden könnte.

Psychische Ursachen

Allen voran Stress und Schlafentzug beeinträchtigen unseren Schlaf enorm und erhöhen das Risiko an Schlafwandelepisoden. [8] Außerdem können auch Ängste sowie Angststörungen Schlafwandeln auslösen und begünstigen. [5] Vor allem bei Kindern zeigen sich vermehrt Episoden bei Trennungsängsten.

Medikamente & andere Substanzen

Wie für viele andere Schlafstörungen, spielen Medikamente mit beruhigender Wirkung, wie beispielsweise Schlaftabletten, eine Rolle beim Schlafwandeln. Manche Medikamente aus den Gruppen Benzodiazepine, GABA-Modulatoren, Antidepressiva, Antipsychotika und ß-Blocker können ein möglicher Auslöser für Schlafwandeln sein. [9] Zudem kann sich Alkoholkonsum, vor allem vor dem Schlafen gehen, auf die Entstehung von Schlafwandelepisoden auswirken. [5]

Andere Schlafstörungen

Auch andere Schlafstörungen können eine mögliche Ursache darstellen. Vor allem die obstruktive Schlafapnoe (OSA), bei der die Atemwege blockiert werden und kurze Atempausen einsetzten. Diese führen zu häufigen Schlafunterbrechungen und diese wiederum begünstigen Schlafwandeln. Das Restless-Legs-Syndrom kann auch zu einer Schlafwandelepisode führen. Durch den starken Drang die Gliedmaßen zu bewegen entsteht ein Erregungszustand der zu einer Episode führen kann. [10] Allgemein geht man von einem Veranlagungs-Stress-Modell aus. Das heißt, es besteht eine familiäre Häufung. Mit zusätzlichen Stressoren wie Einschulung, berufliche oder private Belastungen, Schlafentzug, Fieber können die Schlafwendelepisoden beeinflussen und erhöhen. [1]

Folgen von Schlafwandeln

  • Alltagseinschränkungen: Auch wenn Betroffene häufig keine Einschränkungen oder Probleme bei ihrer Schlafqualität erleben [1] gibt es dennoch Menschen die von Müdigkeit und auch Tagesschläfrigkeit sowie einer verringerten Lebensqualität berichten. [11]
  • Psychische Folgen: Betroffene von Schlafwandeln können depressive sowie ängstliche Symptome erleben sowie eine allgemein verringerte Lebensqualität. [11] Oft treten komorbid weitere Schlafstörungen auf, welche zu Tagesmüdigkeit führen. [12]
  • Körperliche Folgen: Schlafwandeln hat für betroffene Personen ein großes Schadenspotenzial zum Beispiel in Form von Verletzungen von sich und anderen durch Schlagen beim Schlafwandeln, gegen Gegenstände laufen oder durch Flucht vor imaginären Bedrohungen sowie dem Verlassen der Wohnung. [13] [14] Außerdem kann es zu gerichtlich verfolgten Gewalttaten während dem Schlafwandeln, [15] zum Fahren eines Autos [16] oder auch zu versuchten Tötungsdelikten kommen.  [17]

FAQ – Häufige Fragen und Antworten

Was ist der Grund für Schlafwandeln?

Für das Schlafwandeln gibt es verschiedene mögliche Faktoren, die zusammenwirken. Hierzu zählen zum Beispiel genetische Faktoren, Stress, emotionale Belastung, beruflicher Stress, beruhigende Medikamente oder auch Alkohol können eine Episode begünstigen.

Was soll ich tun, wenn ich schlafwandle?

Solltest du oder andere den Eindruck haben, dass du schlafwandelst, ist das Erstmal kein Grund zur Panik. In den meisten Fällen ist Schlafwandeln nicht gefährlich. Jedoch empfehlen wir eine professionelle Abklärung mit einem Arzt oder einer Ärztin. Vor allem, wenn du dich nachts aus dem Bett bewegst, dich emotional belastet fühlst oder nachts andere im Bett verletzt.

Kann Stress Schlafwandeln auslösen?

Vor allem Stress und auch Angst können Episoden von Schlafwandeln begünstigen.

Quellenangaben

  1. Schredl, M., (2009). Parasomnien, In B. A. Stuck, J., T. Maurer, M. Schredl & H. Weeß (Hrsg.), Praxis der Schlafmedizin, (S.207ff.). Springer Medizin. springermedizin.de
  2. Zadra, Antonio, u. a. „Somnambulism: clinical aspects and pathophysiological hypotheses“. Lancet Neurology, Bd. 12, Nr. 3, März 2013, S. 285–94. https://doi.org/10.1016/s1474-4422(12)70322-8 doi.org
  3. ICD-10-GM-2024: F51.4 Pavor nocturnus – icd-code.de. www.icd-code.de/icd/code/F51.4.html. icd-code.de
  4. Encephalitis: MedlinePlus Medical Encyclopedia. medlineplus.gov/ency/article/001415.htm. medlineplus.gov
  5. Sleepwalking: MedlinePlus Medical Encyclopedia. medlineplus.gov/ency/article/000808.htm. medlineplus.gov
  6. Petit, Dominique, u. a. „Childhood Sleepwalking and Sleep Terrors“. JAMA Pediatrics, Bd. 169, Nr. 7, Juli 2015, S. 653. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2015.127. doi.org
  7. Zadra, A, Desautels, A., Petit, D. & Montplaisir, J.. „Somnambulism: clinical aspects and pathophysiological hypotheses“. Lancet Neurology, Bd. 12, Nr. 3, März 2013, S. 285–94. https://doi.org/10.1016/s1474-4422(12)70322-8. doi.org
  8. Bušková, Jitka, u. a. „The Course and Character of Sleepwalking in Adulthood: A Clinical and Polysomnographic Study“. Behavioral Sleep Medicine, Bd. 13, Nr. 2, März 2014, S. 169–77. https://doi.org/10.1080/15402002.2013.845783. doi.org
  9. Stallman, Helen M., u. a. „Medication induced sleepwalking: A systematic review“. Sleep Medicine Reviews, Bd. 37, Februar 2018, S. 105–13. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2017.01.005. doi.org
  10. Remulla, Agnes und Christian Guilleminault. „Somnambulism (sleepwalking)“. Expert Opinion On Pharmacotherapy, Bd. 5, Nr. 10, Oktober 2004, S. 2069–74. https://doi.org/10.1517/14656566.5.10.2069. doi.org
  11. Lopez, Regis, u. a. „Functional Impairment in Adult Sleepwalkers: A Case-Control Study“. Sleep, Bd. 36, Nr. 3, März 2013, S. 345–51. https://doi.org/10.5665/sleep.2446 doi.org
  12. „Assessment and treatment of sleepwalking in clinical practice“. PubMed, 2017, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28787563. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Moldofsky, Harvey, u. a. „Sleep-Related violence“. Sleep, Bd. 18, Nr. 9, November 1995, S. 731–39. https://doi.org/10.1093/sleep/18.9.731. doi.org
  14. Schenck, C. H., u. a. „A polysomnographic and clinical report on sleep-related injury in 100 adult patients“. The American Journal Of Psychiatry, Bd. 146, Nr. 9, September 1989, S. 1166–73. https://doi.org/10.1176/ajp.146.9.1166. doi.org
  15. Pressman, Mark R., u. a. „Alcohol‐induced sleepwalking or confusional arousal as a defense to criminal behavior: a review of scientific evidence, methods and forensic considerations“. Journal Of Sleep Research, Bd. 16, Nr. 2, Mai 2007, S. 198–212. https://doi.org/10.1111/j.1365-2869.2007.00586.x. doi.org
  16. Pressmann, M., R.. „Sleep driving: Sleepwalking variant or misuse of z-drugs?“ Sleep Medicine Reviews, Bd. 15, Nr. 5, Oktober 2011, S. 285–92. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2010.12.004. doi.org
  17. Broughton, R. u.a. „Homicidal somnambulism: a case report“. PubMed, 1. April 1994, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/7939126. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Wichtiger Hinweis:

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